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Parma:
Die kulinarische Kapitale wird zur
Kulturhauptstadt 2020
Eine bislang wenig bekannte
Stadt rückt in das ihr
gebührende Rampenlicht
Foto: Palazzo
del Governatore Parma ©APT Servizi Regione Emilia Romagna
Parma gilt selbst bei den kulinarisch
verwöhnten Italienern als Hochburg des guten Geschmacks. Von hier aus haben
Parmesan und Parmaschinken die Welt erobert.
Bald gibt es aber noch einen weiteren
Grund, in die Emilia-Romagna zu fahren: Parma wurde zur italienischen
Kulturhauptstadt 2020 gewählt und punktet mit 400 Veranstaltungen, bedeutenden
Gästen und einer großangelegten Fotoreportage von Starfotograf Oliviero
Toscani, der zusammen mit illustren Kollegen die Schönheit, die Kunst und das
Leben der Stadt in Bildern festgehalten hat.
Was gibt es zu sehen? Viel, denn Parma hat
weit mehr als Käse und Schinken zu bieten. Die am gleichnamigen Fluss und der
alten Handelsstraße Via Emilia gelegene Stadt blickt auf eine lange Zeit
höfischer Kultur zurück. Zunächst als Hauptsitz der Papstfamilie Farnese, dann
als Heimat der aus Frankreich stammenden Bourbonen und nach 1815 als Herzogtum
von Napoleons zweiter Frau, Marie Luise von Habsburg. Der klerikale und
weltliche Adel brachte nicht nur Eleganz und Essenskultur, sondern auch
architektonischen und kulturellen Glanz in die Stadt. Interessanterweise blieb
das relativ unbemerkt. Kaum jemand besucht den großartigen Palazzo della
Pilotta, ehemaliger Wohnsitz der Farnese, oder das nach ihnen benannte barocke
Holztheater, das sich darin befindet. Wer schon mal auf dem Domplatz von
Florenz zwischen unzähligen Touristen stand, wird sich auf Parmas Piazza del
Duomo verblüfft die Augen reiben, denn mit etwas Glück ist man an diesem wunderschönen
Ort ganz und gar allein.
Gegenüber der prächtigen Kathedrale steht
das 700 Jahre alte, in zartrosa und cremeweißen Verona-Marmor errichtete
Baptisterium. Wenn die untergehende Sonne das achteckige Gebäude in warmes
Lachsrosa taucht, sitzen allerdings oft ein paar Gäste auf der kleinen Terrasse
des TCafè gleich nebenan. Insider bestellen hier den „Violet Spritz“ aus
Veilchen-Likör, Prosecco und Soda. Denn vergessen wir nicht: Parma ist auch die
Stadt der Veilchen. Die intensiv duftenden Blüten sind mit Marie Luise von
Österreich verknüpft. Es heißt, die Herzogin habe alle Räume ihres Schlosses
und viele ihrer Roben mit Veilchen geschmückt. Noch heute gibt es in Parma
nostalgische Läden, die Veilchen-Honig, Veilchen-Tee, kandierte Veilchen, Veilchen-Seifen
und -Parfüm anbieten.
Kein Wunder, schließlich ist Parma Italiens kulinarische Kapitale: Als einzige Stadt des Landes erhielt sie
von der UNESCO die Auszeichnung „Creative City for Gastronomy“. Vor ein paar
Jahren wurde sogar die feierliche Präsentation des italienischen Guide Michelin
von Mailand nach Parma verlegt. Dabei glänzen hier kaum Michelin-Sterne, es
gibt weder ein Zwei- noch ein Drei-Sterne-Lokal. Doch in und um Parma stehen
rund 340 Parmesan-Käsereien, die berühmte Kochschule Alma und Barilla, die
weltweit größte und älteste Pasta-Fabrik mit einer Spaghetti-Produktion von 270
Kilometern pro Stunde.
Außerdem: Orte wie die Enoteca Fontana, eine nur auf den
ersten Blick bescheiden wirkende Weinschänke mit Steinboden und Holzdecke. Im
Keller lagern um die 700 Etiketten aus Italien und dem Rest der Welt, viele
davon werden glasweise ausgeschenkt. „Unsere Stammkunden trinken meist
einheimische Gewächse wie den perlenden Lambrusco oder einen trockenen
Malvasia“, erzählt Patron Fabrizio Fontana, „wir haben aber auch Gäste, die
sich zur Trippa alla Parmigiana (Kutteln mit Tomatensauce und Parmesan) einen
alten Barolo wünschen“.
Die Anwälte, die in ihrer Mittagspause vom nahe gelegenen
Gerichtshof kommen, setzen sich gerne auf die Terrasse und bestellen Pesto di
Cavallo (Pferdefleisch-Tartar), eine Spezialität der Stadt. Halb Parma flaniert
dann an ihnen vorbei, denn die autofreie Via Farini ist ein Schlaraffenland
voller Lokale und Delikatessenläden. Schräg gegenüber ist durch mannshohe
Schaufenster das konkurrenzlose Angebot der Prosciutteria zu sehen – es reicht
von hausgemachten Fertiggerichten wie gefülltes Huhn oder Vitello Tonnato bis
zu Käsesorten aus ganz Italien, Schinken und Würsten. Bei der in den 1960er
Jahren eröffneten Edel-Trattoria Sorelle Picchi gibt es ein opulentes Bollito
Reale (Siedfleisch-Platte mit Kapaun, Kalbszunge, Rinderschulter und gekochter
Wurst) sowie tagesfrische Ravioli, eingemachte Artischocken oder besten
Culatello im angeschlossenen Feinkostladen.
2020 in Parma: Events und Veranstaltungen
Time Machine, 12.01.-03.05.2020,
Palazzo del Governatore
Die erste große Ausstellung widmet sich der Frage, wie
Kino, Fernsehen und Videoinstallationen unsere Wahrnehmung der Zeit verändert
haben. Heutzutage erscheint es normal, eine Rückblende, eine Zukunftsvision
oder eine Sequenz in Zeitlupe zu sehen. Im Palazzo del Governatore werden „Time
Machines“ gezeigt – Maschinen, die den Fluss der Zeit verändern.
Die Zukunft des Gedächtnisses, 24.04.-10. 10.2020, Ospedale Vecchio
Das Ospedale Vecchio befindet sich im Stadtteil
Oltretorrente und erinnert an eine Kathedrale. Zwischen dem 15. Jh. und dem
Jahr 1926 war hier ein Krankenhaus untergebracht, danach überließ man den
mächtigen Gebäudekomplex dem Verfall. 2018 hat die Gemeinde Parma ein Projekt
zum urbanen Wiederaufbau ins Leben gerufen, im Rahmen der Veranstaltungen zur
Kulturhauptstadt wird die Großbaustelle der Öffentlichkeit vorübergehend
zugänglich gemacht. Die Ausstellung „Hospitale“ stellt die Geschichte des
Krankenhauses in bildhafter Form dar: Das „Hospital“ nahm Kranke, Waisen, arme
Familien und Pilger auf, die auf der Via Emilia und der Via Francigena
unterwegs und in Schwierigkeiten waren. In der Ausstellung geht es um den Kampf
der Ärzte gegen den Tod und für das Leben sowie den unermüdlichen Einsatz von
Ordensleuten, Ammen, Apothekern und Gelehrten, die das Ospedale Vecchio mit Tat
und Rat unterstützten.
Temporary Signs, 01.04.-30.09.2020
In Zusammenarbeit mit der Vereinigung junger italienischer
Künstler entstehen in den Vororten der Stadt neue spannende Orte, die Raum für
Begegnungen zwischen Menschen schaffen.
Das Programm der Universität von Parma: Der „Aperitif des
Wissens“, ein Zusammentreffen von Dozenten und Publikum, findet jeden Mittwoch
abwechselnd im Botanischen Garten und an der Römischen Brücke statt. Persönlichkeiten
aus den Bereichen von Wissenschaft und Kultur werden zum Thema „Die Tage des
Wissens“ sprechen. Zu den von Ateneo geförderten Veranstaltungen zählen unter
anderem:
21.03.-21.06.2020: Ausstellung und Tagung mit dem Titel „’Allegri’ im Parma des Parmigianino,
eine Renaissancestadt mit Geschmack. Ein Modell“.
28.05.-06.09.2020: Installation „Design! Objekte, Prozesse, Erfahrungen“ der CSAC
(University of Parma Communication Archive) in der Abtei
von Valserena.
Weitere Informationen:
https://parma2020.it
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Dieter Buck
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