Sonntag, 24. Januar 2021

Trentino: Urlaub im Valsugana

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Almwandern von der Panarotta zur Adoptivkuh

 


Das Valsugana ist eine uralte Almenregion, in der es viele für die Region typische, steingemauerte Hütten zu entdecken gibt. Auf einigen Almhütten kann man „Slow Food Almkäse“ verkosten, auf anderen sogar eine Kuh adoptieren.

Das Valsugana hat für jede Bergschuhgröße und Kondition den richtigen Weg. Nördlich des Brenta-Flusses liegen traumhafte Almwanderwege für die ganze Familie: Etwa oberhalb von Levico unter dem Panarotta-Gipfel oder um den Paraglider-Platz in Vetriolo. Besonders urig und waldreich sind die Almen im östlichen Valsugana um den Broconpass und im Val di Caldenave. Im Val Calamento liegt das einzige WWF-Naturschutzgebiet im Alpenraum mit seiner wunderschönen Almenregion und leichten bis anspruchsvollen Wanderrouten. Ideal für Familien sind auch die Hochebenen von Vezzena und Marcesina oder das Fersental. Nur einer von vielen Tipps ist hier der in etwa zwei Stunden erreichbare Erdemolosee am Fuße des Pizzo Alto und des Monte del Lago mit seinem ganzjährigen Schneefleck. Familien mit geübten kleinen Wanderern schaffen diese Tour ebenso wie die zur Schutzhütte Sette Selle zwischen den Gipfeln von Slimber, d’Ezze und Sette Selle im Lagorai. Wanderbar für Groß und Klein sind außerdem die Halb- bis Eintagestouren auf der Panarotta hoch über Levico Terme.

Frühmorgens auf der Alm

Zum Wandern im Valsugana gehört das Einkehren immer dazu. Auf den malerischen Almen mit ihren Hütten aus Stein und Holz machen die Senner wie vor vielen Generationen Butter, Joghurt oder „Slow Food Almkäse“ wie Tosella, Ricotta oder Caciotte in Eigenerzeugung. Zur Morgendämmerung auf der Alm dürfen kleine Almwanderer mit anpacken, beim Melken und Käsen zusehen und frische Molke und Butter verkosten. Wenn Hunger aufkommt, gibt es ein köstliches Frühstück mit Milch und Butter, Käse und Topfen, frisch gebackenem Brot, hausgemachten Marmeladen und Tee aus selbst gesammelten Kräutern (beschränkte Teilnehmerzahl, Anmeldung erforderlich).

Zu Besuch bei der Adoptivkuh

Auf den vielen Almen nördlich und südlich des Valsugana verbringen etwa 150 Kühe die Sommerweidezeit. Im Folder „Adoptiere eine Kuh“ können Gäste ihre Lieblings-Milchlieferantin auswählen und um 65 Euro pro Saison „adoptieren“. Fünfzehn Euro davon gehen an lokale Projekte und wohltätige Zwecke. Die restlichen 50 Euro können die „Adoptiveltern“ zwischen Mitte Juni und Mitte September in Form von Butter und Käse verkosten, wenn sie ihre Kuh auf der Alm besuchen. Die originelle und nachhaltige Idee kommt bei Familien sehr gut an. Das Valsugana hat als weltweit erstes Reiseziel eine Zertifizierung für nachhaltigen Tourismus nach den Kriterien des Global Sustainable Tourism Council der Vereinten Nationen erhalten. Das touristische Angebot wird maßgeblich von der Tatsache mitbestimmt, dass man die Natur und Kultur dieser Region bewahren und ein Bewusstsein für das Echte und Erhaltenswerte schaffen will.

Trekking im Valsugana: auf Frontlinien und alten Pilgerpfaden

Das Lagorai im Norden des Valsugana ist eine Bergkette aus Porphyr vulkanischen Ursprungs und eine der eindrucksvollsten Berglandschaften des Trentino. Vier Lagorai-Überquerungen führen zu alten Stellungen aus dem 1. Weltkrieg. An der Brenta verläuft ein fast vergessener Pilgerweg.

Der Blick gleitet von den Dolomitengipfeln im Norden über die Cima d’Asta und weitere Gipfel der Lagoraikette hinüber zu den Hochebenen von Vezzena, Lavarone und Marcesina, vor denen sich das Valsugana mit Caldonazzo und Levico See ausbreitet: Wer hoch oben im Lagorai steht, versteht, warum die Bergkette ihren Beinamen „Meer in den Bergen“ trägt. Sie besteht aus schwarz-rot-grünlichem Porphyr vulkanischen Ursprungs und ist vor 290 Millionen Jahren aufgefaltet worden. Ihre Gipfel ragen an die Dreitausendergrenze heran. Mehrtageswanderer haben eine der eindrucksvollsten Berglandschaften des Trentino zu ihren Füßen, sowie hunderte Kilometer Wanderwege und vier Überquerungen, die sich für Mehrtageswanderungen anbieten.

„Drei bis fünf Tage Weltkrieg“ zu Fuß

Drei bis vier Tage sind für die Alta Via del Granito zu veranschlagen. Die anspruchsvolle Trekkingtour führt über rund 28 Kilometer entlang alter Frontverläufe aus dem Ersten Weltkrieg durch die Granitberge um die Cima d’Asta und die Cime di Rava. Für die Übernachtung in den Bergen bieten sich zwei Berghütten an. 41 Kilometer Wegstrecke in drei Tagen muss man für Lagorai Panorama bewältigen. Die Tour an der italienisch-österreichischen Verteidigungslinie führt durch das schöne Val Campelle und das naturbelassene Val Orsera, vorbei an einigen Bergseen mit freier Sicht auf das Lagorai-Gebirge. Translagorai zählt mit über 50 Kilometern zu den längsten Trekkingtouren im Lagorai. Auf dem Weg durchquert man die gesamte Bergkette von der Panarotta bis zum Rolle-Pass, passiert traumhafte Naturschauspiele und stumme Zeugen des Ersten Weltkrieges. Noch länger ist nur noch die neue „Alta Via del Centenario“, die 100 Jahre nach Ende des 1. Weltkrieges angelegt wurde. Die 53 Kilometer lange Wegstrecke startet und endet am Passo Manghen. Sie verbindet die Alta Via Lagorai Panorama und die Alta Via del Granito zu einer Fünf-Tages-Tour mit 2.760 Höhenmetern. Wichtig bei allen Mehrtageswanderungen sind Trittfestigkeit, Ausdauer, passendes Wetter und rechtzeitig reservierte Quartiere für die Übernachtung.

Pilgern wie Abt Albert auf der Via Romea Germanica

Auch unten im Tale des Valsugana gibt es herrliche Aussichten für Weitwanderer: Die Via Romea Germanica ist ein fast in Vergessenheit geratenen Pilgerweg, der über 2.200 Kilometer von Norddeutschland nach Rom verläuft. Schon Abt Albert vom St. Marienkloster zu Stade bereiste diesen Weg 1236. Der italienische Abschnitt beginnt am Brennerpass und verläuft ab Bozen teilweise auf der alten römischen Via Claudia Augusta. Von Trient zweigt der Weg durch das Valsugana ab und führt danach über Padua, Ferrara und Ravenna und weiter Richtung Rom. Man spricht „taitsch“ im Bersntol

Das Fersental im oberen Valsugana zweigt bei Pergine-Persen westwärts ins Lagorai ab. Bei seinen Bewohnern heißt es seit Jahrhunderten „Bersntol“. Gäste tauchen hier in eine Urlaubswelt ein, deren Bewohner einen starken Hang zu Traditionen, Natur und ihrer eigenen Kultur haben.

Die eigenständige „Bersntoler Sproch“ geht auf das Hochmittelalter zurück. Ab Ende des 13. Jahrhunderts ließen sich Bergleute und Bauern aus Nord- und Südtirol im Fersental („Valle dei Mocheni“) nieder und brachten ihre stark tirolerisch geprägte Mundart mit. Die Kontakte nach draußen beschränkten sich im Laufe der Jahrhunderte weitgehend auf die ortsansässigen „Kromer“, die ihr Wanderhandel mit Hinterglasmalerei, Stoffen und Krämerware im Winter bis ins Tirolerische führte. So wird bis heute in der Talgemeinschaft hauptsächlich das mittelhochbairisch geprägte „Bersntolerisch“ gesprochen und geschrieben.

„Guat kemmen en Bersntol“

Mit „Guat kemmen en Bersntol“ wird man auf einem Schild am Taleingang willkommen geheißen. Ab da liest man im 700 bis 1.000 Meter hoch gelegen Tal inmitten des Lagorai Dorf- und Siedlungsnamen wie Eichleit, Gereut, Florutz, St. Franz und St. Felix. Nur der Hauptort Sant’Orsola Terme in der Mitte des Fernsentals ist hauptsächlich italienisch geprägt. Am Talschluss schlängelt sich die Bergstraße hinauf bis Palai en Bersntol. Von dem Ort auf etwa 1.360 Metern überblickt man das darunterliegende Valsugana. Ein Stück talauswärts entspringt der namensgebende Fersenbach, der das gesamte Tal bis Pergine durchquert. In Palai liegt auch das Bersntoler Kulturinstitut, das sich für den Erhalt der eigenständigen Kultur und Sprache einsetzt. Und auch wenn diese hier oft nur „taitsch“ genannt wird, haben die Bersntoler heute ein eigenes Wörterbuch und eine Grammatik.

Wandergenuss im „verzauberten Tal“

Erhalten haben sich die „Berntoler“ nicht nur ihre eigene Sprache und Kultur, sondern auch eine einzigartige Landschaft. Die westlichen Gipfel des Lagorai ragen bis zu 2.400 Meter hoch in den Himmel. Unterhalb breiten sich dichte Lärchen- und Fichtenwälder sowie weitläufige Weideflächen aus. In dem Tal wird noch großteils Viehhaltung betrieben. Wer gerne wandert, egal ob anspruchsvoll oder gemütlich, hat unendliche Möglichkeiten, die herrliche Landschaft dieses „verzauberten Tales“ für sich zu erforschen. Nur einer von vielen Tipps ist der Erdemolosee auf 2.000 Meter Höhe, den man nach etwa zwei Stunden Fußmarsch erreicht. Anspruchsvoll ist die Tour auf die Cima d'Ezze (2.351 m), die auf dem „Sentiero Delio Pace“ und Steigen der Gebirgsfront des Ersten Weltkriegs vorbei an der traumhaft schönen Sette-Selle-Hütte durch die Lagoraigruppe führt. Am Südkamm des Fersentales verlief im ersten Weltkrieg eine Front. Der österreichische Schriftsteller Robert Musil war als Soldat im Tal stationiert und siedelte seine Novelle „Grigia“ hier an. Der schon zu Lebzeiten hoch geschätzte Autor wäre im vergangenen Jahr seinen 140 Jahre alt geworden. Sein Werk war zeitlebends stark von der eigenen Existenz und dem Zeitgeschehen beeinflusst – auch von der zerfallenden k. u. k.-Monarchie ab, die er in seinem „Mann ohne Eigenschaften“ Kakanien nannte.

Kulinarische Reise bis in die Zweitausender

Wunderschön sind auch die vielen weiteren ursprünglichen Schutz- und Almhütten mit Steinmauern, auf denen man zum Teil selbstgemachte Butter, Käse und Ricotta bekommt. Bekannt ist das Tal außerdem für die köstlichen Wildbeeren aus Sant’Orsola Terme. Heidel-, Erd- und Himbeeren sowie Johannisbeeren wachsen hier auf etwa 900 Metern und zeichnen sich durch ihren intensiven Geschmack aus. Auch auf dem Speisezettel der Wirtshäuser und Restaurants haben die Bersntoler ihre sprachlich-kulturellen Spuren hinterlassen: in Form von Kropfen, Pinza, Kiachl und Rufioi, die man unbedingt probieren sollte.

Von den Bergmandln bis zur Wassermühle

Der einstige Gold-, Kupfer-, Pyrit-, Quarz- und Fluorit-Bergbau hat Kultur und Traditionen im Fersental stark geprägt. Davon erzählen die vielen Legenden und Sagen – und auch Bräuche wie die Fasnacht am „Leschtn“. Erst seit einigen Jahren ist eine alte Kupfermine aus dem 16. Jahrhundert zugänglich, die Grua vo Hardömbl in Palai. S’pèrgmandlhaus ist ein kleines Museum, das sich der Arbeit und dem Leben der Bergleute widmet. Das Museum Pietra Viva bei Sant’Orsola führt auf vier Etagen durch die Welt der Mineralien. Die typischen Bergbauernhöfe in Blockbauweise mit Holzschindeldächern werden auch heute noch gebaut. Historisch wertvoll und sehenswert sind der restaurierte Filzerhof in Florutz aus dem 15. Jahrhundert, und die alte Wassermühle „De Mil“ in Garait. Wer sich bei seinen Erkundigungen in die Welt der Bersntoler hineingelebt hat, wird gerne wiederkommen, um wieder ein paar neue Seiten des vielseitigen Tales kennenzulernen. www.valledeimocheni.it

Mehrtagestouren im Lagorai – Valsugana

Granit-Hochweg: 28 km, 2.829 Höhenmeter, 3 Etappen

Lagorai Panorama: 41 km, 2.330 Höhenmeter, 3 Etappen

Translagorai: 45 km, 5.000 Höhenmeter, 5 Etappen

Alta Via del Centenario: 53 Kilometer, 2.760 Höhenmeter, 5 Etappen

Via Romea Germanica / Via Claudia Augusta Altinate

2.200 km von Stade (Norddeutschland) nach Rom

520 km von Donauwörth (Augsburg) nach Altino (Venedig)

Weitere Informationen:

Tourismusverband Valsugana Lagorai

I-38056 Levico Terme (TN), Viale V. Emanuele, 3

Tel. +39 0461 727700

E-Mail: info@visitvalsugana.it

www.visitvalsugana.it

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Dieter Buck

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